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Greyhoundsperre

Die Greyhoundsperre wird in der Literatur auch als Lumbago, Myoglobinurie oder als Rhabdomyolyse bezeichnet. Sie ist eine, bei vor allem untrainierten Windhunden, nach ungewohnter oder übermäßiger muskulärer Belastung auftretende Muskelerkrankung.

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Bild 1 Ein Galgo Español erspäht ein Kaninchen – während der Hasenhatz ist der Reiz stärker als die Ermüdungsanzeichen.

Bild 2 Greyhounds beim Rennen – beim Rennen wird der Hetztrieb genutzt, um Höchstleistungen der Hunde zu erreichen.

Bild 3 Auch für ein Spaßrennen sollte der Hund gut vorbereitet sein, dann hat selbst der dreibeinige Hund (rechts) keine Probleme.

Bild 4 Hyperventilierender Galgo – übermäßige Atmung


Die Greyhoundsperre geht mit unterschiedlich schweren Folgen einher und kann im schlimmsten Fall tödlich enden. Man nimmt an, dass es genetisch bedingte Gründe gibt, dass manche Hunde eher zur Greyhoundsperre neigen als andere. Es wurde beobachtet, dass Hunde die einmal unter einer schweren Sperre gelitten haben, erneut dazu neigen.

Beginnende Anzeichen einer Sperre können steife, staksige Bewegungen, nicht mehr weiter gehen wollen, fiepen und hecheln sein. Symptome einer schweren Greyhoundsperre sind braunes Urin und hohes Fieber, sie können sich direkt einstellen, sich aber auch erst in den folgenden 24 Stunden nach der Überbelastung entwickeln.

Entscheidend ist der Muskelaufbau des Windhundes. Durch den niedrigen Fettanteil, besitzt der Windhund im Gegensatz zu den anderen Hunderassen einen höheren Anteil an Knochen- und Muskelmasse am Gesamtkörpergewicht. Der Greyhound beispielsweise, hat eine Gesamtmuskelmasse von ca 57% der Körpermasse (normal: ca 43%). Seine Muskelmasse verfügt zusätzlich über einen hohen Anteil an Typ II-Fasern, auch „weiße Muskulatur" oder Fast twitch Fasern genannt.


Ablauf einer Greyhoundsperre

Die Typ II-Fasern gewinnen ihre Energie unter anaeroben Bedingungen (Glykolyse) unter vermehrter Laktatbildung. Dies erhöht die Gefahr einer Übersäuerung des Organismus, damit einhergehend einem Absinken des pH-Wertes. Der entstehende niedrige pH-Wert behindert die Enzyme in ihrer Funktionalität und zerstört die Zellmembranen. Es kommt zu Störungen in den Stoffwechselvorgängen, die Muskelkontraktilität sinkt und der eintretende Sauerstoffmangel führt zu irreversiblen Störungen der betroffenen Muskelfasern bis zu deren Zerfall. Die bei der Überbelastung angefallenen Zellfragmente (Abbauprodukte) werden über die Nieren abgebaut (metabolische Kompensation). Durch folgende Überbelastung der Niere kann es zu Funktionseinbußen bis hin zum Kollaps der Niere kommen. Die Unterversorgung der Muskulatur mit Sauerstoff hat fortführend Muskelkrämpfe, Herzrhythmusstörungen, bis zum Herzstillstand zur Folge.


Begünstigende Faktoren einer Greyhoundsperre
können unzureichender Trainingszustand oder falsche Fütterung sein. So ist zum Beispiel der Windhund gefährdet, der in der Woche bewegungsarm gehalten und am Wochenende zur Hasenhatz (Freilauf) laufen gelassen wird. Auch Hunde die unverändert hoch dosierte, hochwertige Futtergabe während mehrerer inaktiver Tage (z.B. mangelnde Bewegung bei schlechter Witterung oder Verletzungen des Tieres) bekommen, können nach Aktivität Symptome einer Sperre zeigen. Es wird vermutet, dass es dabei während der inaktiven Zeit zur Anreicherung von Glykogen in der Muskulatur kommt. Bei Aktivität des Hundes, greift der Organismus zur schnellen Energiegewinnung auf den angehäuften Glykogenspeicher zurück. Es folgt ein Überabbau an Glukose, dabei fällt auch vermehrt Lakatat an (Folgen siehe oben).

Neben den durch den Hundehalter hervorgerufenen Ursachen, spielen aber auch die genetische Disposition, ebenso wie die Psyche des Hundes eine Rolle für die Begünstigung einer Greyhoundsperre. Ein ängstlicher, nervöser oder überdrehter Hund hyperventiliert eher, seine Lakatwerte sind schon vor der muskulären Tätigkeit erhöht.
Auch das Wetter kann ein Auslöser der Greyhoundsperre sein, je wärmer das Wetter und je höher die Luftfeuchtigkeit ist, desto belastender sind muskuläre Anstrengungen für den Organismus des Hundes. 


Nach einer Greyhoundsperre

Bis sich der Windhund von einer extremen Greyhoundsperre erholt hat, vergehen Wochen bis Monate. Es bleiben zum Teil irreversible Schäden der betroffenen Muskulatur zurück. Man geht davon aus, dass ein einmal erkrankter Hund, erneut zur Greyhoundsperre neigt.

Der Tierarzt diagnostiziert, ob die Veranlagung zur Greyhoundsperre vorliegt und ob man die Voraussetzungen für den Hund verbessern kann. Nach entsprechender Belastungstest des Hundes, können vom Tierarzt mehrere Blutgas- und Harnuntersuchungen gemacht werden, anhand derer sich feststellen lässt, ob Muskelstoffwechselstörungen vorliegen.


Akute Lebensgefahr

  • Hund ist mehr oder weniger bewegungsunfähig
  • Hund liegt am Boden mit schmerzhaft, verkrampfter Muskulatur
  • Augen quellen hervor
  • Zunge ist angeschwollen, heraushängend und läuft blau an
  • Hämatome an den Schenkelinnenflächen
  • Schmerzäußerungen bei Abtasten betroffener Muskelbereiche
  • Hund hat extrem hohes Fieber
  • der Urin ist dunkel (sichtbares Myosin im Urin)


Messparameter

  • Abbau von Kreatinphosphat = Anreicherung von Kreatinin, Vergleich von Krea und Harnstoff im Verhältnis, gibt Aussage über Muskeltätigkeit
  • Hyperglykämie, bei erhöhter Blutzuckerspiegel werden große Mengen an Glukose in Wasser gelöst und über Urin ausgeschieden
  • erniedrigter Bikarbonatspiegel im Blut, Bikarbonat ist basisch (das Gegenteil von sauer), wird zum Ausgleich der Übersäuerung verbraucht (Blutgasanalyse)
  • Ketonkörper im Urin
  • Erhöhung der Leberwerte
  • Blut-pH-Wert unter dem Soll (Azidose)
  • Myoglobin im Harn

Auch eine Muskelbiopsie gibt Auskunft, ist aber mit einem operativen Eingriff verbunden. Leichte Ansätzen der Greyhoundsperre merkt man dem Hund nicht unbedingt an. Ein Nachweis sind die verschobenen Werte ermittelbar über das Urin mittels Teststick (z.B. Combur 5 oder 9, in der Apotheke erhältlich). 

 

Lumbago (Hexenschuss)
ist eigentlich ein orthopädisches Problem und wird meist durch blockierte Wirbel (z.B. nach einem Sturz), aber auch durch Muskelzerrungen von der, beim Sprint des Windhundes stark beanspruchten Rückenmuskulatur, verursacht. Die plötzlich auftretenden, sehr schmerzhaften Symptome sind Verhärtung und Verspannung der Rückenmuskulatur,

Druckschmerz (bei Abtasten verursacht Fingerdruck auf den Lendenwirbelbereich starke Schmerzen). Die betroffene Muskulatur erwärmt sich aufgrund der entzündlichen Prozesse deutlich.

Ein Faktor kann das Wetter sein, je kälter die Außentemperatur, desto schlechter ist die Muskulatur durchblutet. Die Gefahr einer Muskelzerrung im Rückenbereich steigt, da beim Sprint die Rückenmuskulatur stark beansprucht wird. Zur Schmerzvermeidung nimmt der Hund eine Schonhaltung ein, welche sich durch Steifheit im unteren Rückenbereich auszeichnet. Er kann sich kaum noch bewegen und strecken. Diese Schonhaltung über einen längeren Zeitraum führt zusätzlich zu starken Muskelverspannungen im Bereich des unteren Rückens.


Myoglobinurie
bezeichnet die vermehrte Ausscheidung von Myoglobin, einem rötlichen Protein, welches Sauerstoff reversibel bindet. Es wird nach dessen Übertritt ins Blut (Myoglobinämie) im Urin ausgeschieden. Symptom einer Myoglobinurie ist ein bräunlich, dunkler Urin.

Ursache einer Myoglobiunrie sind Krankheitsprozesse oder Verletzungen der Skelett- und Herzmuskulatur nach starker muskulärer Belastung, beispielsweise beim Leistungssport. Extrem erhöhte Myoglobinwerte können zu einem akuten Nierenversagen führen (Crush-Niere).


Rhabdomyolyse

ist die Zerstörung der quer gestreiften Muskulatur (Myolyse = Muskeldegeneration, -nekrose, -zer -malmung). Symptome sind Muskelschwäche, Abschwächung der Muskeleigenreflexe, Muskelschmerzen und Myoglobinurie (siehe oben). Die Rhabdomyolyse kann erblich bedingt oder aber die Folge von Krankheiten sein. Sie kann im Rahmen einer malignen Hyperthermie (Überwärmung des Körpers verbunden mit verminderter Wärmeabgabe), bei einer akuten nekrotisierenden Myositis (entzündliche Erkrankung der  Skelettmuskulatur), bei Glykogenosen (krankhaft gestörter Glykogenabbau) bei Hypokaliämie (zu viel Kalium im Blutserum) und bei Hypophosphatämie (absinken des Phosphatspiegels im  Blut) auftreten.

Bei einer Rhabdomyolyse treten Schwellungen und irreversible Nekrosen der Muskelfasern mit Verlust der Querstreifung ein. Sie kann ein akutes Nierenversagen auslösen. Diagnostiziert wird die Krankheit über die der Serumenzyme CK, AST, ALT, LDH, HBDH, sowie Kreatinin und Myoglobin im Blut.

[Quelle: Pschyrembel, 257. Auflage]